Auf dem Weg zur digitalen Baustelle müssen noch etliche Hindernisse – allen voran fehlende Datenstandards – ausgeräumt werden
Zur inhaltlichen Vorbereitung auf die bauma 2022 beleuchtet die Webinarreihe bauma TALK die Leitthemen der Baumaschinenmesse, die vom 24. bis 30. Oktober in München stattfindet. Die jüngste Vortrags- und Diskussionsveranstaltung am 24. Mai widmete sich der Digitalisierung auf Baustellen. Dabei wurde deutlich, welch hohe Bedeutung schon heute Maschinendaten für effizientes Bauen haben – für eine vorausschauende Wartung, für einen reibungslosen Ablauf von Transport und Logistik sowie für viele weitere Prozesse auf den Baustellen.
Alexander Mozer, Teamleiter Maschinendigitalisierung des großen deutschen Bauunternehmens LEONHARD WEISS, zählte beispielhaft auf: „Vor dem Hintergrund der CO2-Emissionen kann uns die Telematik wichtige Informationen über den Treibstoffverbrauch jeder Maschine liefern. Digitale Positionsangaben helfen, Suchzeiten zu reduzieren und automatisch erfasste Betriebsstunden sind ein wichtiger Parameter für die Wartungsplanung und Abrechnung.“ Allerdings erschweren je nach Hersteller unterschiedliche Schnittstellen, Erfassungsgenauigkeiten und -intervalle sowie Dateninterpretationen die Einbindung und das Management, wie Mozer erläuterte: „Schon das Hinzufügen oder Löschen einer Maschine im System kann hier sehr zeitaufwändig werden.“ Gleiches gelte für das Sicherstellen des Datenschutzes.
MiC 4.0: Arbeiten an einheitlicher digitaler Kommunikation
Um die zugrundeliegenden Hürden bei der Standardisierung zu überwinden, gründeten der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA) und der Hauptverband der deutschen Bauindustrie (HDB) auf der bauma 2019 die Arbeitsgemeinschaft „Machines in Construction 4.0“ (MiC 4.0). „Unser Ziel ist es, eine einheitliche, herstellerübergreifende und maschinenunabhängige Kom- munikation rund um den Bauprozess zu entwickeln“, sagte Michael Tonke, Vorstandsmitglied im Ausschuss für Baumaschinentechnik und Baulogistik des HDB. Aktuell arbeiten 105 Mitglieder aus sieben Nationen in 31 Arbeitsgruppen an den diversen Teilaspekten von MiC 4.0.
Neue Bus-Lösung an der Datenschnittstelle Maschine/Anbauwerkzeug
Nicht nur die Baumaschinen selbst werden immer smarter, auch bei den mit ihnen kombinierbaren Werkzeugen nimmt die Digitalisierung zu. „Während es bei den hydraulischen und elektrischen Schnittstellen zu den Anbaugeräten bereits gute Lösungen gibt, bereitet ein herstellerübergreifender Datenaustausch zwischen den Komponenten zum Teil noch massive Probleme“, sagte Katharina Schick, Projektingenieurin bei der Liebherr-Hydraulikbagger GmbH. Um hier Abhilfe zu schaffen, entwickelte nach ihren Angaben eine MiC 4.0-Arbeitsgruppe in den vergangenen zwei Jahren eine offene, herstellerunabhängige Datenschnittstelle – den MiC 4.0 Bus. „Mit diesem haben wir im April 2022 bereits vielversprechende Tests an einem Bagger durchgeführt“, berichtete Schick. Ein Demonstrator der neuen Schnittstelle wird auf der bauma am MiC 4.0-Stand in der Innovationshalle LAB0 in Aktion zu sehen sein. Nach der Messe und dem Abschluss letzter Arbeiten soll das Interface-Protokoll über den VDMA veröffentlicht werden.
Connectivity-Modul verbindet mit Baustellenkontrollsystem
Nach den Beobachtungen von Prof. Dr.-Ing. Jürgen Weber, Inhaber der Professur für Fluid-Mechatronische Systemtechnik an der TU Dresden und Leiter des Verbundforschungsprojekts Bauen 4.0, sorgen nicht nur die inhomogenen Maschinenflotten mit ihren unterschiedlichen Datenlösungen für Probleme bei der Umsetzung der Vision einer digitalen Baustelle. „In vielen Fällen ist kein mobiles Internet verfügbar, es mangelt an der erforderlichen Netzabdeckung“, erläuterte der Experte. Als mögliche Lösung präsentierte er ein Konzept, das ein lokales Netzwerk mit einem Baustellen-Kontrollsystem kombiniert. Dabei laufen auf einem Server Programme, die beispielsweise alle Maschinendaten speichern und analysieren sowie den Bauprozess in Echtzeit simulieren können. „Damit die Maschinen mit dem zentralen Baustellenkontrollsystem und auch untereinander Daten austauschen können, müssen sie mit einem Connectivity-Modul ausgestattet werden“, beschrieb Prof. Weber. Zur Kommunikation und Vernetzung wird die plattformunabhängige OPC Unified Architecture als Standard genutzt.
Um die Kluft zwischen Forschung und Marktreife bei der digitalisierten Baustelle in Zukunft noch besser und schneller schließen zu können, wurde nach Angaben von Prof. Weber kürzlich in Görlitz das Non-Profit-Unternehmen Construction Future Lab GmbH als neutraler Partner für interessierte Unternehmen und Forschungseinrichtungen gegründet.
Quelle: bauma.de