Deutschlands zweitlängste Straßenbrücke wird mit 18 Liebherr Kranen neu gebaut
Die Rader Hochbrücke überquert den Nord-Ostsee-Kanal auf der Autobahn A7, der Schnellverbindung von Hamburg nach Dänemark in nördlicher Richtung. In den nächsten Jahren wird die Brücke neu errichtet und verbreitert. Für die Hebearbeiten werden 18 Liebherr Krane – vom 65 K.1 bis zum 150 EC-B – eingesetzt. Einige der Krane werden dabei direkt im Wasser aufgestellt.
Neubau der Rader Hochbrücke
Eine der bedeutendsten Brückenmodernisierungen in Deutschland ist der Neubau der Rader Hochbrücke in Schleswig-Holstein. Mit einer Länge von fast 1.500 Metern ist die ursprünglich 1972 errichtete Hochbrücke die zweitlängste Straßenbrücke aus Stahl in Deutschland und spielt eine zentrale Rolle für den Verkehr Richtung Dänemark und die skandinavische Halbinsel. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens erreicht die Brücke nun das Ende ihrer Nutzungsdauer. Daher ist ein Neubau, der gleichzeitig eine Erweiterung der Fahrspuren umfasst, dringend erforderlich.
Großbaustelle erhält Unterstützung
Die Großbaustelle erhält tatkräftige Unterstützung von 18 Liebherr Kranen aus dem Mietpark der Unternehmensgruppe Friedrich Niemann GmbH & Co. KG, die ihren Sitz in Kronshagen bei Kiel hat. Zur Errichtung der Fundamente sind fünf Schnelleinsatzkrane im Einsatz, darunter zwei vom Typ 65 K.1 und drei vom Typ 81 K.1. Für den Bau der neuen Brückenpfeiler kommen sechs 125 EC-B und sieben 150 EC-B Flat-Top-Krane zum Einsatz.
Kraneinsatz im Wasser und an Land
Die Gegebenheiten der Baustelle führten zu teils spektakulären Kranmontagen: Ende 2023 wurde der erste Kran, ein 125 EC-B, errichtet. Dieser Kran stand auf der neuen Pfahlkopfplatte des ersten Brückenpfeilers im Borgstädter See, montiert auf Fundamentankern.
Dabei war Teamarbeit mit einem Liebherr Raupenkran aus Nenzing, Österreich, erforderlich. Der benötigte 250-Tonnen-Raupenkran LR 1250 war auf einem Ponton positioniert, der sich zwischen dem Kranstellplatz und der für den Teiletransport genutzten Fähre befand. Der Flat-Top-Kran erreichte eine Hakenhöhe von 44 Metern.
15 Meter über der Fahrbahn
Auch drei weitere 125 EC-B Krane wurden mit einem 250-Tonnen-Raupenkran montiert, der auf einem Ponton im Wasser stand. Diese Krane wurden zunächst auf eine Höhe von 30 Metern aufgebaut und kletterten anschließend mit einer hydraulischen Klettervorrichtung auf ihre endgültige Hakenhöhe von etwa 50 Metern. Dadurch konnten sie rund 15 Meter über der Höhe der Fahrbahn arbeiten.
Per Fähre zum nächsten Einsatzort
Ein 150 EC-B 8 Litronic unterstützte zunächst den Bau der Brückenpfeiler vom Land aus. Mit dem Fortschreiten der Baustelle musste auch der Kran seinen Standort wechseln. Ende Juni 2024 war es dann soweit: Der Flat-Top-Kran wurde von der Nordseite der Brücke zum nächsten Brückenpfeiler versetzt und im Wasser wieder montiert.
Der demontierte Kran wurde dafür auf einer Fähre zu seinem neuen Einsatzort transportiert und mithilfe eines 220-Tonnen-Raupenkrans, der auf einem Ponton schwamm, wieder zusammengebaut. Nach der vollständigen Montage kletterte der Kran auf eine Hakenhöhe von etwa 50 Metern und erreichte eine Auslegerlänge von 40 Metern. Der Kran kann maximal acht Tonnen heben.
Sorgfältige Planung für eine optimale Lösung
Der Einsatz der Krane erforderte eine sorgfältige Planung im Vorfeld, bei der die Projektabteilung für Groß- und Sonderprojekte von Liebherr (Tower Crane Solutions, TCS) wertvolle Unterstützung leistete. Eine große Herausforderung bestand in der Montage der Krane durch den auf dem Ponton stehenden Raupenkran: Da die zulässige Hakenhöhe des Raupenkrans auf einem Ponton sehr begrenzt ist, musste die Montagehöhe so niedrig wie möglich gehalten werden.
Gleichzeitig war eine bestimmte Turmhöhe erforderlich, damit die Krane geklettert werden konnten. Daher wurden im Vorfeld verschiedene Möglichkeiten und Turmsysteme untersucht, um die optimale Lösung zu finden.
Konfiguration der Turmkombinationen
Auch die Konfiguration der Turmkombinationen war ein zentrales Thema in der Vorbereitung der Kraneinsatzplanung, um Kollisionen des Turms mit den neu errichteten Brückenpfeilern und mögliche Turmverformungen zu verhindern.
Die Schnelleinsatzkrane nutzen dabei nur teilweise ihre maximale Hakenhöhe aus. Die beiden 65 K.1-Krane werden mit eingefahrenem Turm betrieben, um unter der Brücke zu arbeiten, und die drei 81 K.1-Krane sind sowohl für Arbeiten unter der Brücke als auch in maximaler Höhe über der Brücke vorgesehen.
Die 13 Flat-Top-Krane sind freistehend auf einem Kreuz und Fundamentankern montiert; einige davon werden sogar im Wasser stehend einbetoniert. Sie arbeiten mit einer Hakenhöhe zwischen 49 und 68 Metern. Die hydraulische Klettervorrichtung wurde vom Liebherr Tower Crane Center bereitgestellt, dem Liebherr-Partner für die Vermietung von Spezialkranen, Krankomponenten und für den Verkauf von Gebrauchtgeräten direkt vom Hersteller.
Windbedingungen als Faktor in der statischen Berechnung
Eine weitere Herausforderung während der Bauarbeiten sind die Wetterbedingungen. Ab einer Windgeschwindigkeit von 75 bis 88 km/h (Windstärke 9) wird die Rader Hochbrücke für leere Lastwagen und Autos mit Anhänger gesperrt. Wenn der Wind weiter zunimmt, kann eine Sperrung für alle Fahrzeuge über 7,5 Tonnen verhängt werden. Bei einem Orkan (Windstärke 12) ist eine vollständige Sperrung der Brücke möglich. Die Windverhältnisse mussten daher bei der statischen Berechnung der Krane entsprechend berücksichtigt werden.
40 Meter tiefe Bohrpfähle
Die Rader Hochbrücke befindet sich östlich der Stadt Rendsburg, etwa 30 Kilometer von Kiel und rund 65 Kilometer von Flensburg entfernt. Der Verkehr verläuft derzeit auf vier Fahrspuren und zwei Standstreifen über den Nord-Ostsee-Kanal, die Rader Insel und die Borgstedter Enge, ein Abschnitt des gleichnamigen Sees. Die Brückenpfeiler stehen sowohl an Land als auch im Wasser. Für die drei Pfeiler, die im Wasser errichtet werden, ist eine Gründung aus 40 Meter tiefen Bohrpfählen erforderlich.
Neubau in zwei Teilschritten
Der Neubau erfolgt in zwei Phasen bei laufendem Verkehr auf der Brücke und dem Nord-Ostsee-Kanal, der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraße der Welt. Zuerst wird die östliche Brückenhälfte neben der Bestandsbrücke errichtet und voraussichtlich 2026 für den Verkehr freigegeben. Anschließend wird die alte Brücke gesperrt und gesprengt, um Platz für den Bau des westlichen Brückenteils zu schaffen. Der Neubau wird auf sechs Fahrstreifen erweitert und soll bis 2031 vollständig abgeschlossen sein.
Für den östlichen Ersatzneubau werden zuerst die Brückenpfeiler errichtet. Die Stahlteile für die Unterkonstruktion werden als vier Meter lange Bauteile angeliefert und an Land zu bis zu 80 Meter langen Elementen verschweißt. Diese werden dann im Taktschiebeverfahren zum nächsten Pfeiler geschoben, ein Takt bezeichnet ein Brückensegment. Dazu müssen die Pfeiler mit ausreichendem zeitlichem Vorlauf zum Verschub errichtet werden.
Arbeiten von Norden nach Süden
Die Arbeiten starten im Norden der Brücke, der Vorschub erfolgt in Richtung Süden zum Borgstedter See und über die Rader Insel in Richtung Nord-Ostsee-Kanal. Parallel dazu wird auch im Süden der Brücke am Ufer des Kanals gearbeitet. Durchgeführt werden die Bauarbeiten von einer Arbeitsgemeinschaft unter Federführung des Schweizer Bauunternehmens Implenia AG zusammen mit den beiden sächsischen Firmen Plauen Stahl Technologie GmbH und ZSB Zwickauer Sonderstahlbau GmbH.
Segment erreicht ersten Pfeiler
Am 28. Juni hat das erste Brückensegment den ersten Pfeiler erreicht. Dieses Segment ist 56 Meter lang, 14 Meter breit und sechs Meter hoch. Hydraulische Pressen bewegten das tonnenschwere Segment mit einer Geschwindigkeit von neun bis zehn Metern/Stunde nach Süden hin zum ersten Pfeiler. Der Ersatzneubau wird aus insgesamt 14 Teilstücken bestehen, alle sechs bis sieben Wochen ist ein Vorschub geplant.
Text: Hersteller/DA | Fotos: Liebherr